Fußbodenheizung im Altbau nachrüsten: Systeme, Aufbauhöhe, Estrich, Steuerung und echte Kosten

Fußbodenheizung im Altbau nachrüsten: Systeme, Aufbauhöhe, Estrich, Steuerung und echte Kosten

Warum eine Fußbodenheizung im Altbau? Was realistisch ist

Fußbodenheizung im Altbau klingt nach Luxus, ist aber oft eine effiziente Lösung: niedrige Vorlauftemperaturen, gleichmäßige Wärme, freie Wandflächen. Entscheidend ist, ob Aufbauhöhe, Statik und Dämmstandard passen.

Realistisch wird das Projekt, wenn Sie vorab den vorhandenen Bodenaufbau prüfen: Estrichdicke, Dämmung, Raumhöhen, Türanschlüsse und Tragfähigkeit der Decken (Holzbalken, Stahlbeton, Kappendecken). In vielen Berliner Gründerzeitwohnungen oder 60er-Jahre-Häusern sind 20-45 mm zusätzliche Aufbauhöhe machbar, mehr erfordert meist Eingriffe in Türhöhen und Treppenanschlüsse.

Wichtig ist die Wärmeerzeugung. Eine Fußbodenheizung arbeitet ideal mit Wärmepumpe oder moderner Brennwerttechnik. Hohe Vorlauftemperaturen sind kontraproduktiv. Prüfen Sie außerdem, ob eine Einbindung in bestehende Heizkreise hydraulisch sauber möglich ist (Verteiler, Mischer, Pumpe).

System Aufbauhöhe (ca.) Kosten (EUR/m2)
Nasssystem (Rohr im Estrich) 35-65 mm 80-150
Trockenbau (Platten/Alu-Lamellen) 18-35 mm 90-160
Dünnschicht (Spachtel/Fräsung) 12-25 mm 70-140
Unterflurheizung mit roten Rohren auf Dämmplatten in einem modern sanierten Badezimmer
Nasssystem mit roten Rohren auf Systemplatten: effizient bei genügend Aufbauhöhe.

Bestandsaufnahme und Planung: so gehen Sie vor

1) Bodenaufbau und Höhen prüfen

  • Aufmaß: Raumhöhe, Türlichte, Schwellen, Treppenanschlüsse. Zielfuge zu angrenzenden Räumen max. 10-15 mm.
  • Bohrkern oder Randfuge: vorhandene Estrichdicke und Dämmung ermitteln. Typisch Altbau: Estrich 30-50 mm, Dämmung oft minimal.
  • Holzbalkendecke: Tragfähigkeit durch Statiker prüfen. Zusätzliches Gewicht Nasssystem 60-100 kg/m2 möglich.

2) Wärmeschutz und Dämmung

  • Unter FBH ist eine funktionierende Dämmebene Pflicht. Ohne Dämmung steigt die Heizlast und die Effizienz leidet.
  • Minimaldämmung Trockenbau: EPS/XPS 10-20 mm; Nasssystem: Systemplatten 20-30 mm. Bei Keller darunter: ggf. Kellerdeckendämmung 80-120 mm statt Raumhöhe zu verlieren.

3) Heizlast und Vorlauftemperaturen

  • Heizlast nach DIN/EN ermitteln lassen (Energieberater oder SHK-Betrieb). Ziel: VL 30-40 °C im Normfall.
  • Bei schlechter Gebäudehülle steigt der Rohrabstand, Vorlauf muss hoch. Maßnahmen: Dämmen, Fenster einstellen, Leckagen schließen.

4) Verteiltechnik und Zonen

  • Je Raum ein Heizkreis bis 80-100 m Rohrlänge. Größere Räume auf 2-3 Kreise aufteilen.
  • Verteiler im Schrank an Innenwand, gut zugänglich: Vorlauf, Rücklauf, Durchflussmesser, Entlüfter, Stellmotoren.

Systeme im Vergleich: welches passt in welchen Altbau?

Nasssystem (Rohr im Estrich)

Standardlösung mit sehr guter Wärmeübertragung und Trägheit. Aufbau mit Systemplatten, Heizrohr (16 mm), Zement- oder Anhydritestrich 35-45 mm. Am besten bei ausreichender Aufbauhöhe und massiven Decken.

  • Vorteile: robust, guter Schallschutz, günstig pro m2 bei größeren Flächen.
  • Nachteile: Gewicht, Trocknungszeit (Estrich 4-6 Wochen), weniger geeignet bei Holzbalkendecken ohne Statik-Nachweis.

Trockenbausystem

Heizrohre in Trägerplatten mit Alu-Wärmeleitlamellen, darüber lastverteilende Bauplatten (z. B. Gipsfaser) oder Trockenestrich. Geringe Aufbauhöhe, geringes Gewicht, schnelle Reaktion.

  • Vorteile: leicht, schnell begehbar, ideal für Holzbalkendecken.
  • Nachteile: akustische Entkopplung beachten, Materialkosten höher, sorgfältiger Aufbau nötig.

Dünnschicht/Frässystem

Für minimale Höhen. Entweder gefräste Rohrkanäle in vorhandenen Estrich oder Dünnschichtmörtel mit eingelegten Rohren.

  • Vorteile: sehr niedrige Aufbauhöhe, häufig ohne Türenkürzen machbar.
  • Nachteile: nur wenn Estrich tragfähig, kein Hohllagern, Staubschutz bei Fräsung, Wärmeleistung begrenzt.

Elektrische Fußbodenheizung

Heizmatten unter Fliesen. Günstig in der Anschaffung, aber teuer im Betrieb. Sinnvoll für kleine Bäder oder als Zusatzwärme.

  • Vorteile: geringer Aufbau, einfache Verlegung.
  • Nachteile: hohe Stromkosten, nicht förderfähig als Hauptheizung.

Alternative: Wandheizung

Wenn die Aufbauhöhe gar nicht passt, ist eine kapillaraktive Wandheizung (Nassputz) oft die bessere Altbau-Lösung. Niedrige Vorlauftemperatur, schnelle Reaktionszeit, gute Behaglichkeit.

Oberbeläge und Wärmeübergang: was funktioniert

  • Fliesen/Feinsteinzeug: beste Wärmeleitung, 8-10 mm sind ideal. Flexkleber C2, Dehnfugen beachten.
  • Vinyl/LVT: nur freigegebene Produkte, max. 0,15 m2K/W Widerstand, Klebe- statt Klickvarianten bevorzugt.
  • Parkett: 2-Schicht-Fertigparkett 11-14 mm, geölt oder matt lackiert. Holzarten mit ruhigem Schwindverhalten (Eiche). Kleben statt schwimmend.
  • Teppich: nur dünn und mit geringem Wärmedurchlasswiderstand. Meiden Sie dicke Unterlagen.

Hydraulik, Vorlauftemperaturen und Heizzentrale

Die Fußbodenheizung braucht niedrige Vorlauftemperaturen und saubere Hydraulik. Alte Heizkörperkreise mit 60-70 °C Vorlauf sind nicht kompatibel ohne Mischer.

  • Wärmeerzeuger: Wärmepumpe ideal, Gas-Brennwert gut, Ölheizung problematisch für Effizienz.
  • Mischerkreis: Wenn Heizkörper bleiben, die FBH über Mischer/Regelstation auf 30-40 °C begrenzen.
  • Verteiler: Durchfluss je Kreis einstellen, Entlüften, Spülen. Hydraulischer Abgleich nachweisen (Formblatt).
  • Regelung: Einzelraumregler mit Stellantrieben. Smart möglich (Zeitprogramme, Abwesenheitsmodus).
Heizkreisverteiler für Fußbodenheizung mit Durchflussmessern in einem Wandschrank
Saubere Hydraulik: Heizkreisverteiler mit Messern und Stellantrieben.

Montage in der Praxis: Schritt für Schritt (Beispiel 20 m2 Wohnzimmer)

Tag 1-2: Rückbau und Vorbereitung

  • Altbelag entfernen, Sockelleisten ab. Untergrund prüfen, reinigen, ggf. ausgleichen.
  • Bei Trockenbau: Ausgleichsschüttung und Trägerplatten nach Verlegeplan.
  • Bei Nasssystem: Systemdämmplatten verlegen, Randdämmstreifen 8-10 mm umlaufend.

Tag 3: Rohrverlegung

  • Heizkreisplanung: Rohrlänge pro Kreis 60-90 m, Verlegeabstand 10-15 cm im Aufenthaltsbereich, 10 cm am Fenster.
  • Rohr S-förmig oder Mäander, keine engen Biegeradien. Fühlerrohr für Raumthermostat verlegen (bei elektrischen Matten ebenfalls).

Tag 4-5: Estrich/Trockenaufbau

  • Nasssystem: Zementestrich CA 35-45 mm über Rohr, Bewehrung je nach Hersteller. Belegreife 4-6 Wochen, Aufheizprotokoll nach DIN 1264.
  • Trockenbau: Alu-Wärmeleitlamellen schließen, lastverteilende Platten verschrauben, Fugen verspachteln. Nach 24 h belegreif.

Tag 6-7: Oberboden

  • Fliesen mit flexiblen Klebern, Parkett vollflächig kleben (hartelastischer Kleber). Dehnfugen übernehmen.
  • Raumthermostate montieren, Verteiler einregulieren, Dichtheit geprüft, Protokoll dokumentieren.

Echte Kosten: von m2 bis Gesamtbudget

  • Nasssystem Material inkl. Rohr, Platten, Estrich: 80-120 EUR/m2, mit Verlegung durch Fachbetrieb 110-150 EUR/m2.
  • Trockenbausystem: 90-160 EUR/m2 je nach Platten und Aufbau.
  • Dünnschicht/Fräsung: 70-140 EUR/m2 (Fräsen 30-50 EUR/m2, Rohr und Spachtel zusätzliche 40-90 EUR/m2).
  • Elektrische Matten: 40-70 EUR/m2 Material, plus Elektriker. Betriebskosten deutlich höher.
  • Verteiler + Schrank + Armaturen: 300-600 EUR je Zone.
  • Stellantriebe + Raumregler: 50-120 EUR pro Raum (smart: 120-250 EUR).
  • Hydraulischer Abgleich und Inbetriebnahme: 400-1200 EUR je Wohneinheit.
  • Nebenkosten: Rückbau/Entsorgung 10-20 EUR/m2, Türkürzungen 80-150 EUR/Stück, Malerarbeiten 5-10 EUR/m2.

Beispiel 40 m2 Wohnbereich, Trockenbausystem: 40 m2 x 130 EUR = 5200 EUR, Verteiler/Regelung 900 EUR, Rückbau 600 EUR, Summe ca. 6700 EUR brutto. Mit Handwerker-Verfügbarkeit und Region schwankt das ±15-20 %.

Typische Fehler vermeiden

  • Zu wenig Dämmung unter der FBH - Wärme verschwindet nach unten, Vorlauf steigt, Effizienz sinkt.
  • Kein Randdämmstreifen - Schallbrücken, Risse im Estrich.
  • Zu lange Heizkreise - Durchfluss zu klein, ungleichmäßige Wärme. Max. 100 m pro Kreis einhalten.
  • Kein Aufheizprotokoll - Estrichschäden und spätere Gewährleistungsprobleme.
  • Falscher Oberbelag - zu hoher Wärmedurchlasswiderstand, träge Regelung.

Regelung und Smart Home in der Praxis

  • Einzelraumregelung: je Raum Solltemperatur. In Nutzräumen 20-21 °C, Schlafzimmer 17-18 °C.
  • Smart: Szenen (Abwesenheit -2 °C), Geofencing, Wochenpläne. Übertreiben Sie nicht mit Absenkungen, FBH ist träge.
  • Wärmeerzeuger: witterungsgeführt, Heizkurve flach. Vorlauf bei 0 °C außen oft 32-38 °C ausreichend.

Förderung, Normen, Dokumentation

  • Förderung: Die FBH selbst selten förderfähig. Wärmepumpe, hydraulischer Abgleich, Heizungsoptimierung sind über BEG/BAFA möglich. Fristen beachten, Antrag vor Auftrag!
  • GEG-konform planen, DIN 1264 beachten (Auslegung, Aufheizprotokoll). Dokumentation aufbewahren (Hydraulik, Abgleich, Fotos der Rohrlage).

Zeitplan und Koordination

  • Kleine Räume (Bad 6-8 m2): 3-5 Tage bis belegreif (Trockenbau), Nasssystem deutlich länger durch Trocknung.
  • Wohnung 60-80 m2 in Etappen: je Zone 1 Woche einplanen, Möbel und Staubschutz organisieren.
  • Gewerke: SHK + Estrichleger/Trockenbauer + Bodenleger + Elektriker. Reihenfolge genau timen.

Podsumowanie

  • Aufbauhöhe, Dämmung, Statik vor Systemwahl klären.
  • Trockenbau für Holzbalkendecken, Nasssystem für massive Decken.
  • Vorlauf 30-40 °C anstreben, Heizlast prüfen.
  • Verteiler gut zugänglich, Kreise unter 100 m.
  • Oberbelag mit niedrigem Wärmewiderstand wählen.
  • Kosten grob 90-150 EUR/m2 plus Verteiler/Regelung.
  • Abgleich und Aufheizprotokoll dokumentieren, Förderung früh beantragen.

FAQ

Wie viel Aufbauhöhe brauche ich mindestens?

Mit Trockenbau- oder Dünnschichtsystemen reichen oft 15-25 mm über Rohboden. Nasssysteme brauchen eher 35-65 mm. Türen, Treppen und Anschlüsse vorher prüfen.

Funktioniert eine Fußbodenheizung mit alten Heizkörpern zusammen?

Ja, mit separatem Mischerkreis und Verteiler. Heizkörper laufen höher, FBH niedrig. Wichtig: hydraulischer Abgleich und saubere Trennung der Kreise.

Kann ich auf Holzbalkendecke nachrüsten?

Ja, bevorzugt mit Trockenbausystem. Statik prüfen lassen, Gewicht gering halten, Schwingungen durch lastverteilende Platten begrenzen.

Wie lange dauert es bis zur Belegreife?

Trockenbau ist nach 24-48 Stunden belegreif. Nassestrich braucht je nach Klima 4-6 Wochen. Aufheizprotokoll zwingend durchführen.